Ein kürzlicher Radiobeitrag im Deutschlandfunk hat meine Aufmerksamkeit auf ein wachsendes Phänomen gerichtet, das in der Arbeitswelt immer mehr Beachtung findet: das „Climate Quitting“.
Climate Quitting als Folge eines Wertekonfliktes
Der Wertekonflikt: Dieses Phänomen „Climate Quitting“ tritt auf, wenn die Werte von Arbeitnehmern, insbesondere jenen der Generationen Y (Millennials) und Z, nicht mit den Praktiken und ethischen Standards ihrer Arbeitgeber übereinstimmen. Diese Generationen legen einen starken Fokus auf Nachhaltigkeit, ethisches Handeln und soziale Verantwortung, was einen erheblichen Wertekonflikt mit Unternehmen schaffen kann, die diese Aspekte vernachlässigen.
Priorisierung von Werten: Die jüngeren Arbeitnehmer:innen suchen nicht nur nach attraktiven Karrieremöglichkeiten, sondern auch nach Übereinstimmung ihrer persönlichen Werte mit denen ihres (potenziellen) Arbeitgebers. Eine Umfrage von Deloitte zeigt, dass 77% der Millennials und Gen Z von ihren Arbeitgebern erwarten, über den finanziellen Erfolg hinaus gesellschaftlichen Einfluss zu nehmen. Sie bevorzugen Unternehmen, die klare Positionen zu Themen wie Klimawandel, Diversität und sozialer Gerechtigkeit beziehen.
Kündigung aufgrund von Wertekonflikten: Laut Studien ist ein signifikanter Anteil der Millennials bereit ist, ihren Job zu verlassen, wenn die Unternehmenspolitik in Bezug auf soziale Verantwortung ihren Erwartungen nicht entspricht. Dies zeigt, dass „Climate Quitting“ nicht nur eine Reaktion auf Umweltpolitik ist, sondern ein umfassender Ausdruck von Wertekonflikten, der auch andere ethische Fragen umfasst.
Einfluss auf das Employer Branding: Unternehmen, die diese Wertekonflikte ignorieren, riskieren nicht nur den Verlust talentierter Mitarbeitenden, sondern auch Schäden an ihrem Employer Branding. Bewerber nutzen zunehmend Informationen aus sozialen Medien und Bewertungsplattformen, um sich ein Bild von der Unternehmenskultur und den ESG-Praktiken eines potenziellen Arbeitgebers zu machen.
Inkonsistenz und Mangel an Authentizität als Gefahr für Ihr Employer Branding
Eine authentische Darstellung Ihrer Unternehmenskultur und Werte ist essentiell, um mit Ihrem Employer Branding erfolgreich zu sein. Vermeiden Sie es, eine Fassade zu erschaffen, die mit der Realität im Unternehmen nicht übereinstimmt. Mitarbeitende und Bewerber suchen nach Transparenz, Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit. Zeigen Sie echte Einblicke in Ihr Unternehmen, um Vertrauen und Authentizität zu stärken. Lesen Sie hierzu auch meinen Blogbeitrag, wie Sie die „7 Todsünden im Employer Branding“ vermeiden.
Kommunikation und Konsistenz: Es ist wichtig, dass Ihre Maßnahmen und Handlungen Ihres Unternehmens konsistent die gleichen Werte widerspiegeln. Diskrepanzen zwischen dem, was gesagt wird, und dem, was tatsächlich getan wird, können schnell zu Misstrauen führen. Stellen Sie sicher, dass Ihre Nachhaltigkeitsberichte, sozialen Medien, und interne Kommunikation ein klares und kohärentes Bild vermitteln.
Feedback und Dialog: Fördern Sie eine Kultur des offenen Dialogs, in der Feedback von Mitarbeitenden nicht nur ermutigt, sondern auch ernst genommen und umgesetzt wird. Dies zeigt, dass Ihr Unternehmen nicht nur zuhört, sondern auch bereit ist, auf Basis dieses Feedbacks Veränderungen vorzunehmen.
Realistische Darstellungen: Vermeiden Sie Überzeichnungen in der Darstellung Ihrer Unternehmensleistungen oder -kultur. Seien Sie realistisch in dem, was Ihr Unternehmen erreicht hat und was noch in Arbeit ist. Dies hilft, realistische Erwartungen zu setzen und zeigt, dass Ihr Unternehmen sich der kontinuierlichen Verbesserung verpflichtet fühlt.
Fallstudien und Beispiele: Nutzen Sie konkrete Beispiele und Fallstudien, um zu demonstrieren, wie Ihre Werte in der Praxis umgesetzt werden. Dies kann durch Geschichten über erfolgreiche Projekte, Initiativen zur Mitarbeiterbindung oder Maßnahmen zur Verbesserung Ihrer Umweltbilanz geschehen. Solche Beispiele dienen als Beweis für die Authentizität Ihrer Bemühungen.
Verantwortlichkeit und Transparenz: Setzen Sie klare Ziele und teilen Sie regelmäßig Updates über Fortschritte und Herausforderungen. Dies zeigt, dass Ihr Unternehmen verantwortlich handelt und sich ernsthaft um die Umsetzung seiner Werte bemüht.
Überwindung des Knowing-Doing-Gap für ein echtes Employer Branding und Nachhaltigkeit
Während ‚Climate Quitting‘ deutlich macht, wie wichtig es für Unternehmen ist, authentisches Employer Branding zu betreiben und echte Nachhaltigkeitswerte zu leben, offenbart das ‚Knowing-Doing Gap‘ oft eine Diskrepanz zwischen den proklamierten Zielen und den tatsächlichen Handlungen. Dieses Spannungsfeld zu überbrücken, ist entscheidend für die Glaubwürdigkeit und das langfristige Engagement der Mitarbeitenden.
Der Begriff „Knowing-Doing Gap“ wurde prominent durch Jeffrey Pfeffer und Robert I. Sutton etabliert. Sie sind die Autoren des Buches „The Knowing-Doing Gap: How Smart Companies Turn Knowledge into Action“, das im Jahr 2000 veröffentlicht wurde. In ihrem Werk diskutieren Pfeffer und Sutton, wie und warum Unternehmen oft Schwierigkeiten haben, das Wissen, das sie besitzen, effektiv umzusetzen, und bieten Einsichten und Strategien an, um diese Lücke zu überbrücken.
Das Knowing-Doing Gap stellt auch heute – 24 Jahre nach der Buchveröffentlichung – eine wesentliche Herausforderung für Organisationen, Führungskräfte und Mitarbeitende dar. Um diese zu überbrücken, ist es entscheidend, eine offene Lernkultur zu fördern, die kontinuierliches Lernen und die Nutzung von Fehlern als Lerngelegenheiten unterstützt. Lesen Sie hierzu meinen Blogartikel, wie Sie eine dynamische Lernkultur fördern können. Zusätzlich müssen effektive Strukturen, Maßnahmen und Tools implementiert werden, um den Austausch von Wissen durch Plattformen wie Workshops und interne Wikis zu erleichtern. Führungskräfte spielen eine Schlüsselrolle, indem sie Autonomie stärken und ein Umfeld schaffen, das Eigeninitiative fördert, sowie durch Vorbildfunktion und klare Kommunikation den Wert der Wissensnutzung verdeutlichen. Welche neuen Rollen und Aufgaben Führungskräfte in der modernen Arbeitswelt einnehmen, lesen Sie in diversen Artikeln meiner Blog-Rubrik „Führung“.
Schließlich müssen Mitarbeitende ermutigt werden, Verantwortung für ihre eigene Weiterbildung zum Thema „Nachhaltigkeit“ zu übernehmen und sollten durch regelmäßiges Feedback und Zugang zu notwendigen Ressourcen unterstützt werden. Diese Maßnahmen fördern nicht nur die Umsetzung von Wissen in Handlung, sondern steigern auch langfristig die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Organisation.
Das Schließen der Knowing-Doing-Lücke ist also ein weiterer und sehr entscheidender Aspekt, um authentische Nachhaltigkeit zu erreichen und das Employer Branding zu stärken.
Neue Wege der Jobvermittlung: Wie Plattformen wie Good Jobs nachhaltige Karrieren fördern
In diesem Kontext gewinnen auch spezialisierte Jobplattformen an Bedeutung, wie beispielsweise Good Jobs, die gezielt auf die Vermittlung von Positionen in nachhaltig orientierten Unternehmen ausgerichtet sind. Die Plattform Good Jobs hat es sich zur Aufgabe gemacht, nachhaltige und gerechte Beschäftigungsmöglichkeiten zu fördern. Sie zielt darauf ab, ein breites Spektrum an „guten, grünen Jobs“ zu vermitteln und die Werte der Unternehmen und der Jobsuchenden abzugleichen. Weitere Informationen finden Sie hier: https://goodjobs.eu
Fazit: Die bedeutende Rolle von Authentizität für ehrliches Employer Branding
Immer mehr Talente und Mitarbeitende suchen nach ethischen Maßstäben und nachhaltigen Praktiken in ihrer Berufs- und Jobwahl und so steht das Employer Branding vor neuen Herausforderungen. ‚Climate Quitting‘ ist nicht nur ein Zeichen für wachsendes Umweltbewusstsein, sondern auch ein Warnsignal an Unternehmen, die es versäumen, ihre Werte authentisch zu leben und zu kommunizieren. Unternehmen müssen erkennen, dass die Übereinstimmung von gesagtem Wort und tatsächlicher Tat eine Grundvoraussetzung ist, um talentierte und werteorientierte Mitarbeitende zu gewinnen und zu halten.
Die Investition in eine transparente und konsistente (Employer Branding-) Kommunikation, die Förderung einer offenen und lernbereiten Unternehmenskultur sowie die konsequente Umsetzung von ESG-Praktiken (Environmental, Social, Governance) sind essentiell, um das Vertrauen der Mitarbeitenden zu stärken und das Employer Branding zu verbessern. Nur durch echtes Engagement und die Bereitschaft zur ständigen Reflexion und Verbesserung kann ein Unternehmen die Knowing-Doing-Lücke schließen und eine Kultur schaffen, die sowohl die individuellen als auch die kollektiven Bedürfnisse berücksichtigt.
Abschließend ist zu sagen, dass der Kampf gegen das ‚Climate Quitting‘ eine Chance bietet, nicht nur als attraktiver Arbeitgeber hervorzustechen, sondern auch als Vorreiter in der nachhaltigen Unternehmensführung. Indem Unternehmen aktiv auf die Bedürfnisse und Werte der jüngeren Generationen eingehen, können sie nicht nur ihre eigene Zukunft sichern, sondern auch einen positiven Beitrag zu den globalen Herausforderungen unserer Zeit leisten.
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