Gedanken zur Zukunft von Führung und Unternehmertum
Führung ist nicht mehr das, was sie mal war – und genau das ist gut so. Denn wenn sich unsere Arbeitswelt radikal verändert, muss sich auch Führung mitverändern. Wir stehen mitten in einem tiefgreifenden Wandel: Technologischer Fortschritt, neue Arbeitsformen und ein verändertes Verständnis von Verantwortung fordern uns heraus, Führung neu zu denken.
Kürzlich durfte ich genau darüber mit engagierten Masterstudierenden der Macromedia University of Applied Sciences sprechen – im Rahmen eines offenen, inspirierenden Gastvortrags mit viel Dialog und Tiefe.
Drei Megatrends, die alles verändern
Ob wir wollen oder nicht: Die Art, wie wir arbeiten, kommunizieren und führen, wird neu definiert – durch drei wesentliche Entwicklungen. Und ihr voller Impact wird sich nicht über Nacht zeigen – sondern sich in den kommenden Jahren zunehmend entfalten. Unternehmen und Führungskräfte, die sich heute darauf einstellen, gestalten aktiv mit – statt nur zu reagieren:
1. Digitalisierung & KI: Automatisierung, Chatbots, Entscheidungsalgorithmen: Routinetätigkeiten verschwinden. Was bleibt, ist die Fähigkeit zu filtern, Orientierung zu geben und Vertrauen zu schaffen.
2. Demografischer Wandel: Fünf Generationen arbeiten parallel – mit unterschiedlichen Erwartungen, Mediennutzungen und Führungsidealen. Hier ist nicht Einheit gefragt, sondern Verbindung.
3. New Work & New Learning: Selbstorganisation und lebenslanges Lernen sind keine Option mehr, sondern Grundlage. Führung heißt: Lernräume schaffen, Sinn vermitteln und Kontrolle abgeben.
Routine stirbt – Denken & Urteilskraft bleibt. Das macht den Unterschied zwischen Kontrolle und Gestaltung.
New Leadership trifft Entrepreneurship
Was verbindet eine werteorientierte Führungskraft mit einem unternehmerisch denkenden Menschen? Beide übernehmen Verantwortung. Beide gestalten Zukunft. Beide handeln unter Unsicherheit – mit Haltung.
New Leadership bedeutet:
Vertrauen geben
Potenziale entfalten
Sinn vermitteln
Entrepreneurship bedeutet:
Chancen sehen und Risiken eingehen
Verantwortung übernehmen, bevor es jemand verlangt
Veränderung mutig anstoßen
Diese Denkweisen sind keine Gegensätze, sondern komplementär. Führung braucht unternehmerisches Denken. Und Unternehmertum braucht Führung mit Haltung.
Situational Leadership – ein Wegbereiter mit Grenzen
Das Modell des „Situational Leadership“ von Hersey und Blanchard war ein wichtiger Schritt in der Führungstheorie: Es hat erstmals sichtbar gemacht, dass Führung kontextabhängig ist – und dass es den einen „richtigen“ Führungsstil nicht gibt.
Die Grundidee: Führung sollte sich am Reifegrad der Mitarbeitenden orientieren und situativ angepasst werden – zwischen anleitend, unterstützend, beteiligend und delegierend.
Doch trotz seiner Bedeutung hat das Modell aus heutiger Sicht klare Grenzen:
Es ist stark auf Einzelpersonen fokussiert und vernachlässigt Teamdynamiken.
Es wirkt oft mechanisch: Situation + Reifegrad = Führungsstil.
Aspekte wie Werte, Kultur, Lernorientierung oder Selbstorganisation bleiben außen vor.
Vom Führungsstil zur Führungsrolle
Klassische Führungsstile – auch situativ gedachte – greifen heute zu kurz. Denn sie tun so, als könne man Menschen und Situationen in Schubladen stecken. Moderne Führung dagegen orientiert sich am Kontext, am Menschen – und an der Aufgabe.
Das gelingt mit Rollen – nicht mit festen Stil-Schablonen.
Hier sind zehn Rollen, die moderne Führung heute wirksam machen:
1. Coach – Fördert Potenziale, gibt Feedback, begleitet Entwicklung.
2. Lernbegleiter:in – Unterstützt kontinuierliches, kontextbezogenes Lernen im Team.
3. Enabler:in – Räumt Hindernisse aus dem Weg, schafft Ressourcen und Spielräume.
4. Moderator:in – Steuert Dialoge, stärkt Beteiligung und gemeinsame Lösungsfindung.
5. Entscheider:in – Trifft Entscheidungen – auch unter Unsicherheit und Komplexität.
6. Agilisierer:in – Bringt als Impulsgeber:in neue Ideen, initiiert Wandel und fördert Agilität.
7. Orientierungsgeber:in – Vermittelt Sinn, Richtung und Haltung in unklaren Situationen.
8. Kulturträger:in – Gestaltet und lebt die Team- und Führungskultur aktiv mit.
9. Kommunikator:in – Sorgt für Transparenz, Klarheit und Verbindung über Ebenen hinweg.
10. Zukunftsgestalter:in – Denkt strategisch voraus, gestaltet aktiv Veränderung und Erneuerung.
Diese Rollen sind kein Ersatz für Haltung. Sie sind ihre praktische Entfaltung im Alltag.
Future Skills & Empowerment
Führung ist heute auch Lernbegleitung. Es geht nicht mehr darum, die beste Antwort zu haben, sondern die richtigen Fragen zu stellen.
Führung braucht heute Menschen, die:
Unterschiedliche Perspektiven einholen
Zusammenarbeit fördern
Fehler zulassen
Entwicklung begleiten
Das erfordert neue Kompetenzen – sogenannte Future Skills. Sie bilden das Fundament moderner Führung:
Kommunikation & kritisches Denken
Resilienz & Selbstführung
Mut, Neues zu testen
Räume für gemeinsames Lernen schaffen
Diese Fähigkeiten sind lernbar. Aber sie brauchen Bewusstsein – und gute Vorbilder.
Führung ist keine Checkliste. Es ist eine Haltung. Und ein Lernprozess.
Oder wie ich gern sage:
Let’s lead differently.
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Mehr über Corinna Pommerening
Corinna Pommerening ist Bankbetriebswirtin, professionelle Vortragsrednerin und Impulsgeberin, zertifizierte Employer Brand Managerin, Autorin von mehreren Fachbüchern und Podcasterin.
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